Die „LWL-Piene Akte“ für die Podiumsdiskussion am 17.11.17 bringt es ans Licht der Öffentlichkeit: Hat Otto Piene sein neu gestaltetes „Informations-Kunstwerk Silberne Frequenz“ etwa insgeheim als ein LWL-Mahnmal im digitalen Zeitalter gemeint? Seine renommierte Lichtkunst sollte wegen der Konkurrenz zu einem geplanten LWL-Werbefeld, sprich LWL-Logo, von der Museumsfassade verschwinden. Blieb Piene keine andere Möglichkeit, als das LWL-Logo in seine Kunst zu integrieren, wollte er an der Frontseite auch weiterhin vorne mitleuchten?
War ihr eigenes Logo den LWL-Kulturverantwortlichen wichtiger als seine kunsthistorisch bedeutsame Kunst? Haben sie Piene etwa an die Wand fahren lassen? Hat es Piene den „LWL-Hausherren“, im Stile von „Des Kaisers neue Kleider“, mit seiner „Informations-Kunst“ so richtig schön glänzend groß machen wollen? Welch verrückter Tanz ums „Goldene Kalb“. Welche „reine Piene-Kunst“ will hier noch befreit werden? Version I, II oder III? Otto Piene wollte seine neue „Silberne Frequenz“ doch in Farbe – oder?
Nach den Skulptur Projekten nun – mit großer Piene – der harte Absturz in die westfälische Provinz? Ein provinziell harmlos angelegtes, sich selbst bestätigendes LWL-Stadtgespräch zu »LOGO\PIENE«: Die Podiumsdiskussion, findet nicht in Form eines international hochrangigen Symposiums sondern offenbar unter LWL-Freunden statt. Kritiker, die dieses Gespräch in Gang gebracht haben, sind von den LWL-Kultur-Verantwortlichen nicht einmal aufs Podium geladen, so auch die »LOGO\PIENE – Initiative für Kunst und Öffentlichkeit, die ein Manifest und eine Petition eingereicht hat.
von Jürgen Lemke
„Das gehört doch zur Information. Und die Information wird in diesem Fall künstlerisch gestaltet. Das ist doch prima. Denn es gibt ja viel zu lesen in der gegenwärtigen Kunsttheorie über die Kunst als Information.„ Zitat Otto Piene (https://www.youtube.com/watch?v=NfEQeGeR1lk)
Angesichts der LWL-Podiumsdiskussion am 17.11.17 zum Thema LWL-Logo in der Piene-Kunst: „Wenn es zu viel ist. Kunst im öffentlichen Raum“ scheint es notwendig , wegen eher trivialer und banaler Fragestellungen, wie: „Ist das Kunst oder kann das weg?“ oder „Ist ein Logo in einem Kunstwerk Frevel an der Kunst?“ dieses wichtige Thema mehr zu fundieren. Haben die LWL-Veranstalter der internationalen Kunstausstellung Skulptur Projekte weder die Funktion von „Kunst im Öffentlichen Raum“ noch die Kunst von Otto Piene verstanden? Beide Seiten, Künstler und Kuratoren, Dr. Arnhold und Dr. Franz, haben schließlich gemeinsam in geschäftlichem Einverständnis, eine Amalgamisierung von Kunst und Werbung beschlossen und damit die neue “Silberne Frequenz” zur blanken Informationskunst degradiert. Sie haben sich somit selbst ihr digitales Informationskunst-Monstrum erschaffen, das nun inklusive LWL-Logo ein dauerwerbe-leuchtendes „Piene-Kunstwerk“ ist. Das Eine ist nun an das Andere gebunden. Ohne diese Installation zugleich auch als „Piene Kunst“ zu zerstören, ist ein Rückbau des LWL-Logos nicht möglich! Einer wieder zu „befreienden reinen Piene Kunst“ fehlt spätestens nach Veröffentlichung der LWL-Piene-Akte jegliche Legitimation. Denn welche Version seiner „Kunst“ wäre zu befreien: Version I, II oder III?
Es scheint notwendig, den Weg des Künstlers Otto Piene bis zur Umsetzung seiner neuen „Silbernen Frequenz“ anhand der Mails aus der „LWL-Piene-Akte“ etwas genauer zu betrachten, um seine Sicht auf das neu geschaffene „Informations-Kunstwerk“ nachvollziehen zu können. Für ihn ist es bis zuletzt inklusive LWL-Logo „Kunst“.
Für KunstfreundInnen ist das, was sie als neue Piene-Kunst: „Silberne Frequenz“ mit glänzendem LWL-Logo am LWL-Museum wahrnehmen müssen, eher eine ästhetische Zumutung, ein Frevel an der Kunst. Der unverständliche Marketing-Übergriff des LWL-Museums auf die eigene Kunst deutet auf einen Werte-Verfall, ja sogar auf einen Missbrauch hin. Die LWL-Kunst-Verantwortlichen, Dr. Arnhold und Dr. Franz, haben offensichtlich ihre kuratorischen Sorgfaltspflichten gegenüber Kunst und Künstler vernachlässigt und nach dem Willen von Kulturdezernentin Dr. Rüschoff-Thale und dem damaligen LWL-Direktor Dr. Kirsch aus der Piene-Kunst ein LWL-Markenzeichen werden lassen. Auch „Kunst am Bau-Werke“, die Vorläufer von „Kunst im Öffentlichen Raum“, realisieren Künstler in der Regel zusammen mit Kuratoren in einem intensiven dialogischen Prozess. Beide stehen dabei in der Verpflichtung, sowohl kunsthistorisch als auch künstlerisch, fachlich und ethisch verantwortlich, sowie qualitätsbewusst professionell im eigenen Sinne vorzugehen.
Es war sicherlich eine große Herausforderung, das bereits seit 1972 bestehende kunsthistorisch bedeutsame Werk Pienes, die „Silberne Frequenz“, wieder in hoher „Qualität“, neu konzeptioniert an der Museumsfassade zu installieren. Das scheint, angesichts des sichtbaren Ergebnisses, eines „LWL-Kunst-Werbe-Amalgams“, von beiden Seiten aus qualitativ nicht gelungen. Der Prozess ist folglich nicht professionell im Sinne der Kunst verlaufen. Da eine Unprofessionalität der LWL-Verantwortlichen im Umgang mit zeitgenössischer Kunst kein Einzelfall ist, könnte Unfachlichkeit auf der LWL-Seite vermutet werden. Denn auch mit anderer hochrangiger Kunst, z.B. Serras „Fassbinder“, Albers „Zwei Supraporten“ und mit der Skulptur von Rückriem „Granit (Normandie)“ sollen noch weitere grobe Fehler, in Form von Deplatzierungen, im Zusammenhang mit dem Museums-Neubau passiert sein.
Anhand der am 26.10.17 veröffentlichten LWL-Dokumente zur Podiumsdiskussion, der sogenannten „Piene Akte“, einer lückenhaft zusammengestellten Mail-Kommunikation der LWL-Kulturabteilung mit Otto Piene, kann sich jeder nun selbst ein eigenes Bild zur Sachlage machen. (Siehe hierzu: „Anlage 4: Piene-Auszug-Akte.pdf“ unter: http://www.lwl.org/pressemitteilungen/daten/anlagen/013000/13699.pdf)
Ein Hinweis darauf, wie Piene seine neue „Informations-Kunst Silberne Frequenz“ inklusive LWL-Logo gemeint haben könnte, findet sich im beigefügten Interview mit der verantwortlichen Kulturdezernentin Dr. Rüschoff-Parzinger. Auf die Frage hin, ob das Logo für Piene ein Problem war, sagt sie:
„Nein. Er setzte sich sogar mit Schriftgrößen auseinander, die etwa zwei Drittel der Gesamthöhe des Lichtfeldes einnahmen. Gottlob kamen wir am Ende zu einer kleineren Logo-Lösung.“ (Siehe hierzu: „Anlage 3: Interview_Kunst im öffentlichen Raum.pdf“ unter: http://www.lwl.org/pressemitteilungen/nr_mitteilung.php?urlID=43279
Die Wahrnehmung der Kulturdezernentin ist hier offenbar etwas einseitig. Die übertriebene Weise, mit der Otto Piene seine Logo-Größen vorgeschlagen hat, könnte eher andeuten, dass er doch ein Problem mit dem Logo gehabt haben könnte. Piene hat extreme Schriftgrößen-Vorschläge gemacht: von „Größe 7“ – dieses Logo hätte 133 Kugeln ersetzt, stufenweise herunter bis zu „Größe 2“. Wenn man seine Logo-Schrift-Entwürfe für seine neue „Silberne Frequenz“ anschaut, zeigt es sich, dass die von der LWL-Kulturdezernentin favorisierte „kleinere Logo-Lösung“, die schließlich umgesetzt wurde, noch kleiner ist als Pienes vorgeschlagene kleinste „Größe 2“. Die umgesetzte Logogröße entspricht „Größe 1“, ersetzt 10 Kugeln und wirkt selbst als kleinste Lösung proportional immer noch viel zu groß im Lichtfeld.
Otto Pienes überdimensionierte Schriftgrößen Vorschläge des LWL-Logos für seine neue „Silberne Frequenz“ an der LWL-Museums-Fassade, Seite Vorplatz Rothenburg
Nicht nur LWL-„Kunstexperten“ sondern auch Laien könnte hierbei ein Licht aufgehen und erhellen, dass Otto Piene mit eher schon grotesk anmutenden Entwürfen maßlos übertrieben, damit die „LWL-Logo-Manie“ geradezu persifliert und auf die Spitze getrieben haben könnte. Wie um demonstrativ zu zeigen, dass für die LWL-Verantwortlichen nicht „seine kunsthistorisch große Kunst“ im Zentrum steht sondern eher ihr kleines Logo? Von wegen „Satire“!? Sie hatten seine künstlerische Arbeit aus Konkurrenzgründen – sein Kunstwerk-Licht hätte wohl ihr Werbe-Licht beeinträchtigen können – schlichtweg von der Fassade gestrichen!
Wenn es die LWL-Kunst-Verantwortlichen von ihm gewünscht hätten, wäre Piene nicht sogar dazu bereit gewesen, „den Hausherren“, wie er sie nannte, auch die größte seiner LWL-Logo-Variationen „Größe 7“ an ihrer Fassade mit seiner „Kunst“ umzusetzen? Selbst wenn es ihn mehr als ein Drittel seiner Kugeln und damit jeden Glauben an eine seriös gemeinte künstlerische Arbeit gekostet hätte? Wie weit wäre er bereit gewesen zu gehen?
Wie konnte es überhaupt dazu kommen, dass Piene derart überzogene, „unkünstlerische Entwürfe“ gegen seine Kunst vorschlagen hat? Hat er sich selbst und seine Kunst nicht mehr wichtig genommen? Hat er etwa nur noch loyal einen „Kunst am Bau Auftrag“ abgearbeitet und gegen Bezahlung erfüllt? War seine „international renommierte Kunst“ von den LWL-Verantwortlichen überhaupt je wirklich ernst genommen? Schauen wir uns hierzu die Faktenlage, die dokumentierten Mailkontakte aus der „Piene Akte“ an: http://www.lwl.org/pressemitteilungen/daten/anlagen/013000/13699.pdf)
(Unterstrichene Text-Hervorhebungen – durch den Verfasser)
Im Rahmen eines mit dem Landesmuseum für Kunst und Kultur (LMKuK) vereinbarten Kunst am Bau-Auftrags vom 10.3.2008 erarbeitete Otto Piene eine Machbarkeitsstudie einschließlich einer Kostenschätzung inklusive Überlassung sämtlicher Nutzungsrechte an den LWL, „um festzustellen, ob und falls ja, in welcher Form das Kunstwerk einen Platz am zu errichtenden Neubau finden könnte.“ Dafür bekam er ein Honorar in – in der Piene-Akte geschwärzten – unbekannter Höhe. „Falls der LWL beabsichtigt, sein Werk zu realisieren, ist mit dem Künstler eine zusätzliche Honorarvereinbarung zu schließen.“
In der Präambel dieser Vereinbarung ist verfügt: „Der LWL errichtet an der Stelle des bisherigen Landesmuseums nach dem Abriss der alten Gebäude einen Neubau. Die bisher am Gebäude an der Pferdegasse/Vorplatz Rothenburg befindliche Plastik „Silberne Frequenz“ wird entfernt. Zur Zeit wird geprüft, ob das Werk am neuen Museumsgebäude seinen Platz finden kann.“
Auf dieser für seine Kunst wackligen Vertragsbasis – in der anfänglich keine LWL-Werbefläche erwähnt wird – hat Otto Piene in Absprache mit seinen LWL-Auftraggebern insgesamt drei künstlerische Versionen I, II und III für eine neue „Silberne Frequenz“ entworfen und vorgelegt.
Pienes erste „noch pure künstlerische Idee“ in der neu entwickelten „Silberne Frequenz“ Version I, Juni 2008 für die Museumsfassade bestand unter Nutzung der alten Lichtkugeln im wesentlichen aus drei farbigen Lichtfeldern sowohl an der Fassadenseite Pferdegasse als auch zur Rothenburg.
Zitat Otto Piene: „(…) Eine wesentliche Änderung ist die Verteilung der Lichteinheiten in drei Formationen. Noch wichtiger ist die Einführung von Farbe: die „Lichtkette“, gelb 63 Kugeln; das rote Lichtfeld, 207 Kugeln; und das orange Lichtfeld, 225 Kugeln. (…) Die dominierende Farbe rot wird das Landesmuseum als Brennpunkt von Kultur und Kunst akzentuieren. (…) (…) Das Lichtprogramm sollte je nach Jahreszeit 2-4 Stunden laufen und möglichst wenig durch Beleuchtung beeinträchtigt werden. (…)“
Otto Pienes überarbeitetes Konzept „Silberne Frequenz“ Version II, Dezember 2008 reduzierte seine erste Idee auf zwei farbige Lichtfelder in Rot, Orange und Gelb, Übereck an der Pferdegassen und Rothenburg Fassade.
Ich zitiere Otto Piene: (…) „Version 1 wurde von Museumsleitung sehr positiv aufgenommen. Architekt Staab bittet um eine Modifizierung, die die Farbflächen konsolidiert und konzentriert.“ (…)
„Silberne Frequenz“ Version III, März 2009
Ich zitiere Otto Piene: „(…) Die wesentliche Änderung auf Wunsch der Museumsleitung ist die Rückkehr zum weiss/farblosen Licht, d.h. Wegfall von Rot, Orange, Gelb. (…) (…) „Neu: Einbeziehung des LWL-Logos in das Lichtspiel. Die Buchstaben sind wohltuend normal; die Grösse ist entsprechend der Grösse der Lichtfelder und dem voraussehbaren Leseabstand gewählt.“ (…) (…) „Ohne zu wollen oder zu glauben, dass die Elemente Neubau und historische Silberne Frequenz wie Siamesische Zwillinge zusammengewachsen sind, bin ich der Überzeugung, dass wir hier eine Integration erreicht haben, die den schwierigen Ansprüchen gerecht wird, d.h. ohne Kompromiss eine neue Einheit.“ (…)
Mit dem „puren Piene Kunstentwurf ohne LWL-Logo“ waren die Erbauer des LWL-Museums, das Architekturbüro Staab, nicht zufrieden. Sie befürchteten, dass durch die Aufteilung der neuen „Silbernen Frequenz“ in drei Teilflächen eine „Schwächung des Kunstwerks“ stattfinden könnte wegen seiner Konkurrenz zur Fassadengliederung, den Fensterbeleuchtungen und auch wegen einer vom Museum geplanten sogenannten LED Werbefläche (u.a. zur Inszenierung des LWL-Logos?).
Hierzu ein Zitat aus einer Mail des Architekturbüros Staab an LWL-Museumsdirektor Dr. Arnhold vom 13.8.2008:
„(…) Das Kugelfeld am Bauteil Rothenburg befindet sich zudem in direkter Nachbarschaft zu einer geplanten LED Werbefläche. Hier entsteht für den Betrachter eine ungünstige Überlagerung, die dem Kunstwerk nicht gerecht wird.
(…) Um das Kunstwerk bestmöglich zu Geltung zu bringen, scheint uns die ursprüngliche Anordnung konzentriert auf einer großen geschlossenen Fassadenfläche gegebenenfalls über Eck, in angemessenem Abstand zur LED Werbefläche und zu den Museumsfenstern, die bei abendlicher Innenbeleuchtung störend auf das Kunstwerk wirken könnten. Da die Münsteraner Bürger die Medienkunst von Herrn Piene an der Gebäudeecke Rothenburg/ Pferdegasse kennen und schätzen, empfehlen wir das Kunstwerk auch weiterhin hier zu verorten. (…)“
Für den Zeitraum vom 13.8. bis zum 27.10.2008 fehlt leider eine Piene-Akte-Dokumentation der Kommunikation, die die folgende Mail von Piene erklären könnte… Otto Piene stellt hier kurz und knapp Fragen an das Architekturbüro Staab::
27.10.2008 Mail von Piene an Architekten Staab, CC an Dr. Arnhold, Dr. Franz
Betreff: WLM 081024 Kunst am Bau
„Sehr geehrte Frau XXXX, (Name geschwärzt)
Danke für Ihr Material und Information. Ich habe vier wesentliche Fragen, bevor ich weiterkomme:
- Sind die Kugeln und ihr Accessoire schon demontiert?
- Sind die Kugeln schon gereinigt?
- Ist das Oberflaechenmaterial der Aussenwaende schon definiert?
- Was ist ueber Charakter und Verwendung der Werbeflaeche bekannt?
Ich waere Ihnen sehr dankbar für eine schnelle Antwort
Mit sehr freundlichen Gruessen
Otto Piene“
Hierunter ist eine Mail vom 24.10.2008 von Architekt Staab angehängt:
Inhalt: Das Büro Architekten Staab entschuldigt sich bei Otto Piene wegen ihrer Darstellung der Lichtkugeln als Platzhalter in ihren Bauplänen:
„(…) Die Darstellung der Lichtkugeln in den Ansichten diente uns schon über einen langen Zeitraum als Hinweis für die Kunst am Bau im Bereich Rothenburg, sozusagen als Platzhalter. Wir möchten uns entschuldigen, wenn die Darstellung zur Irritation geführt hat. Wir senden Ihnen die Ansichten noch einmal ohne die Darstellung der Kugeln. Die Fensterrahmenversteifung, die als maximale Größe der Werbefläche an der Rothenburg möglich ist, ist in den Ansichten korrekt dargestellt. Die tatsächliche Ausnützung der Fläche als Werbefläche wird vom Museum festgelegt. (…)“
28.10.2008 Mail vom stellvertretenden Museumsdirektor Dr. Franz an Otto Piene:
„Lieber Herr Piene,
bezüglich der Anzahl der zur Verfügung stehenden Kugeln teilte uns der Architekt des LWL-Bau und Liegenschaftsbetriebes mit, dass man ca. 10 % als abgängig erklären sollte.
Bezüglich der Werbefläche stehen Größe und Lage in dem Ihnen übermittelten Plan fest. Die innere Ausgestaltung (LED, Banner, o.ä.) soll durch einen Gestalter entwickelt werden, der erst in diesem Dezember durch einen Wettbewerb ermittelt wird. Es wird sicherlich auffällig sein; man wird aber auch auf das Zusammenwirken mit Ihrer Skulptur Rücksicht nehmen.
Mit besten Grüßen
Dr. Erich Franz
LWL Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte“
Wie nun aber „auffällig“ werben mit einer gleichzeitigen „Rücksicht“ auf die Kunst an der Fassade zusammengehen könnte? Dem Künstler könnte hier klar geworden sein, dass dies so nicht gehen kann. Auch die LWL-Information an den Künstler, dass für die nun mitleuchtende LWL-Werbefläche auch noch im Dezember ein Gestaltungswettbewerb stattfinden soll, kommt Monate zu spät.
Hier fehlen in der „LWL-Piene-Akte“ Mail-Dokumente, die aufklären könnten, warum sich nun die NRW Staatskanzlei mit Herrn Kultur-Staatssekretär Grosse-Brockhoff inhaltlich in die LWL – Piene-Kommunikation aktiv einschaltet!
13.11.2008 Mail Dr. Erich Franz an Otto Piene
Betreff: Antw. Re: Termin
„Lieber Herr Piene,
Ich habe über das Büro unserer Kulturdezernentin (direkter geht es leider nicht) an Herrn Große Brockhoff durchgeben lassen, dass Ihnen der 10. Dezember gut passen würde.
Gestern Abend traf ich Volker Staab. Er ist über die Erweiterung der Diskussionsrunde sehr unglücklich. Er würde gerne die sachliche Diskussion mit Ihnen über die gestalterischen Fragen im kleinstmöglichen Kreis führen und erst anschließend die Ergebnisse in der größeren Runde besprechen. Ich kann diesen Wunsch sehr gut nachvollziehen; ein solches Treffen (Vorausgespräch) sollte inoffiziell und ohne Aufsehen stattfinden.
Mit herzlichen Grüßen
Dr. Erich Franz“
Es deutet sich eine fundamentale Störung in der Kommunikation wegen ungelöster Gestaltungsplanungen an: Otto Piene musste über das unprofessionelle Auftragsgebaren der LWL-Kunst- und Bauverantwortlichen zurecht verärgert sein: Man hat ihn seine neue „Silberne Frequenz“ gleichsam „blind“ planen lassen und ihn in fahrlässiger Weise uninformiert darüber gelassen, dass unmittelbar neben seiner neu zu konzipierenden Lichtkunst-Arbeit parallel ein LWL Werbefeld an der Museumsfassade leuchten soll. Obwohl seine künstlerische Arbeit notwendig darauf angewiesen ist, „möglichst wenig durch Beleuchtung beeinträchtigt zu werden.“ Das hätte von ihm als ein Bruch der miteinander abgeschlossenen Vereinbarung gesehen werden können. Er hat schließlich mehrere Monate unter falschen Voraussetzungen geplant!
Man kann – aufgrund fehlender Piene-Akte Informationen – spekulieren, ob Pienes berechtigte Empörung darüber so groß gewesen sein könnte, dass nun sogar die NRW-Staatskanzlei zur Klärung mit eingeschaltet werden musste? Es könnte am Ende auf eine Entscheidung, „Kunst oder Werbung“, hinaus gelaufen sein, wobei aus der Sicht der Kunst ein vergleichsweise doch eher banales „LWL-Werbefeld“ gegen seine – auch für die LWL-Kunstverantwortlichen angeblich doch – hochrenommierte und kunsthistorisch wertvolle Piene-Kunst durchgesetzt wurde. Eine derartige Disqualifizierung seiner Kunst muss ein Künstler erst einmal verkraften können!
Am 10. Dezember 2008 hat zu diesen Gestaltungs-Fragen offenbar ein Klärungsgespräch zwischen allen Beteiligten und der NRW-Staatskanzlei, vertreten durch Staatssekretär Grosse-Brockhoff, stattgefunden, in dem Otto Piene deutlich gemacht wurde, dass seine „Silberne Frequenz Version II“ in Farbe an der Museumsfassade nicht mehr stattfinden kann! Da die Gründe hierfür in der Piene-Akte nicht dokumentiert sind, darf man zwischen den Zeilen vermuten, dass es wesentlich um die Licht-Konkurrenz des Kunstwerks zur geplanten LWL-LED Werbefläche, sprich auch um eine Störung der Lichtinszenierung des LWL-Logo durch das Kunstwerk gegangen sein könnte. Beide Seiten brauchten einen von anderen Lichteinflüsse möglichst unbeeinflussten exklusiven Auftritt. Da störte aber wohl eher die Kunst!
Die Absage an Otto Piene ist in der folgenden Mail schriftlich dokumentiert:
19.12.2008 Mail und Brief von Dr. Rüschhoff-Thale und Dr. Arnhold an Otto Piene
„Sehr geehrter Herr Professor Piene,
Wir möchten uns ganz herzlich für das Gespräch am 10. Dezember 2008 mit Ihnen in der Staatskanzlei, an dem auch Herr Staatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, Frau Ulrich und Herr Dr. Franz teilnahmen, bedanken.
Wir haben uns darauf verständigt, dass wir uns bei Ihnen noch vor ihrer für den 24.12.2008 geplanten Abreise melden, um das weitere Vorgehen zu besprechen.
Gerne kommen wir auf den Vorschlag von Herrn Grosse-Brockhoff zurück. Daher möchten wir sie einladen, über eine neue Arbeit am LWL- Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte nachzudenken. Konkret würden wir uns sehr freuen, wenn sie das Konzept für eine neu zu schaffende Lichtplastik im „Patio“, dem offenen Innenhof des Museums entwickeln würden, die sich auf das besondere Profil dieses offenen Kunstraumes beziehen sollte.
Leider kann aus den bereits erörterten Gründen der Verbleib ihrer Arbeit von 1972 an der Ecke Rothenburg/Pferdegasse von uns nicht weiter verfolgt werden. Wir bedauern außerordentlich, dass wir zu lange Ihre Arbeitskraft in das bisher verfolgte Konzept gelenkt haben.
Aufgrund der herausgehobenen Bedeutung ihrer Lichtplastik von 1972 möchten wir diese auf jeden Fall erhalten und bieten Ihnen an, für die „Silberne Frequenz“ in Abstimmung und im Einvernehmen mit Ihnen einen geeigneten neuen Aufstellungsort zu finden.
Freundliche Grüße
Dr. Barbara Rüschoff- Thale, LWL Kulturdezernentin
Dr. Hermann Arnold, Museumsdirektor“
Hierzu ist in der LWL-Piene-Akte keine Antwort von Otto Piene dokumentiert…
23.1.2009 Mail von Dr. Franz an LWL-Kulturdezernentin Dr. Rüschhoff-Thale
Sehr geehrte Frau Dr. Rüschoff-Thale,
soeben habe ich ausführlich mit Otto Piene telefoniert. Ich würde das Gespräch lieber telefonisch wiedergeben, berichte Ihnen aber, wegen Ihres (und auch meines Terminkalenders) zusammenfassend per E-Mail.
Ich habe ihm bestätigt, dass die bisher ins Auge gefasste Stelle (Ecke Pferdegasse- Platz gegenüber Ägidiimarkt) für die Anbringung nicht mehr vorgesehen ist, wie er es auch schon aus Ihrem und Herrn Dr. Arnolds Brief erfahren hat. Ich habe ihm als alternativen Anbringungsort die Wand an der Pferdegasse vorgeschlagen, die er aber wegen der Enge der Straße, der Unmöglichkeit, die Wand aus der Distanz zu sehen und der Beschränkung auf eine Fläche abgelehnt hat. Die Arbeit ist für die Situation an der Gebäudeecke konzipiert worden. Das Gleiche gelte für den Vorschlag, die Arbeit in einem Innenraum – der Eingangshalle – anzubringen. Er bezog sich auf den Brief des Rechtsanwalts Dr. Wiesner bezüglich einer Anbringung im Innenhof.
Wie sie in unserem Gespräch angeregt hatten, sprach ich mit Otto Piene auch über den Vorschlag, das Logo des LWL in die Arbeit „Silberne Frequenz“ einzubeziehen – etwa durch reflektierende Flächen in Form dieser Buchstaben. Ich regte auch an, den Namenszug des Museums auf diese Weise ästhetisch an- oder einzubinden. Piene empfand diese Anfrage nicht als Zumutung sondern als ein ernsthaftes und nachvollziehbares Anliegen. Die Erscheinung des Logos aus und des Namenszuges am Gebäude sei eine wichtige Frage. Ihre Integration in die Arbeit „Silberne Frequenz“ werde er in der nächsten Zeit „ernsthaft prüfen“.
Sehr geehrte Frau Dr. Rüschoff-Thale, ich sehe in dieser Bereitschaft von Otto Piene, das Logo des LWL und den Namenszug des Museums künstlerisch in die Struktur dieser herausragenden Lichtskulptur einzubeziehen (er sprach davon, sie „hineinzustricken“), eine große Chance, die Identität des Museums in seiner Außenwirkung auf eine ganz neue und dem Anspruch des Museums angemessener Weise herauszustellen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Erich Franz“
Otto Piene könnte – durch die umprofessionelle kunstnegierende Haltung der Kunst-Verantwortlichen ihm gegenüber – auf die Idee gekommen sein, umzuschwenken. Seine künstlerische Idee aufzugeben, angesichts einer offenbar dem Marketing verfallenen LWL-Unkultur noch etwas Neues produzieren zu wollen. Das hieße nun eher pragmatisch versuchen, noch etwas von seiner künstlerischen Präsenz an der Fassade zu retten und sei es auch noch so abstrus und schräg? Auf jeden Fall könnte er aber für diese „LWL-Gestaltungs-Auftragsarbeit am Logo“ mehr Geld bekommen…
Vielleicht wäre es auch nur menschlich gewesen, wenn Piene auf die Idee gekommen wäre, Kunsthistorikern, die zwar groß tönen, sich aber nicht vor ihre Kunst stellen sondern sich für eine LWL-Eigenwerbung im Dienste ihrer Obrigkeit stark machen, einen nachhaltigen Denkzettel zu verpassen? Sie haben schließlich seine Kunst sozusagen an die Wand fahren lassen!
Die Verhinderung seiner Kunst an der LWL-Museumsfassade, wegen einer für ihn im Vergleich nachgeordneten LWL-Logo-Werbung, könnte Otto Piene als Affront, ja als Verrat an seiner Kunst interpretiert haben: Seine kunsthistorisch renommierte Lichtkunst muss verschwinden weil sie die LED Werbe-Inszenierung eines „kleinen LWL-Logos“ stört!? Das könnte jedenfalls seinen schon eher provokativen Umgang mit den Logo-Entwurf-Größen erklären, bei der man sich am Ende für die Umsetzung auf die kleinste Größe geeinigt hat. Die ja immer noch übertrieben groß ist!
Könnte es etwa auf einen inneren Boykott Pienes hindeuten, ja insgeheim vielleicht sogar auf eine „Informations-Attacke“ des Künstlers gegen das Museum? Nach dem Motto: Die „Kunst“ ist verloren, es lebe die „Kunst“? Denn Otto Piene reagiert angesichts des Schocks, dass seine künstlerische Arbeit von der LWL-Fassade verschwindet, unverständlicher Weise überfreundlich kooperativ. Allzu bereitwillig will er, auf Anregung von Frau Dr. Rüschhoff-Thale, vermittelt durch Herrn Dr. Franz, das LWL-Logo in seine künstlerische Arbeit einfügen? Wie ist das zu erklären? Handelt Piene pragmatisch abgeklärt? Läßt er seine künstlerischen Farb-Ideen los weil er zumindest etwas und sei es noch so schräg, künstlerisch an der Fassade retten will? Oder zeigt er sich kompromissbereit weil er das Geld dringend braucht? Oder plant er – angesichts einer derart skandalösen übergriffigen musealen Ignoranz gegenüber seiner Kunst beim LWL – einen künstlerischen Informations-Coup, der dauerhaft leuchtend, kunsthistorisch ein mahnendes Ausrufungs-Zeichen an der Fassade setzen könnte?
Handelt Piene etwa nun ebenso perfide, wie seine Auftraggeber? Opfert er seine künstlerischen Ideen? Gibt es einen Rückzug Pienes von seinen künstlerischen Ambitionen hin zu einem scheinbar kompromissbereiten mit den LWL-Wölfen heulen? Hin zu einem Information-Overkill? Damit wäre das erschreckend monströse Ergebnis an der Fassade zumindest ansatzweise nachvollziehbar und erklärbar.
In der Mail des Kunsthistorikers und stellvertretenden Museumsdirektors Dr. Franz wird ein perfider Umgang der LWL-Kunst und Kultur-Verantwortlichen mit dem Künstler Otto Piene deutlich, sowie eine wertefreie museale Grundhaltung eines in Richtung Obrigkeit dienstbeflissen buckelnden Dr. Franz, der seiner verantwortlichen Aufgabe als Kurator im Sinne der Kunst in keiner Weise nachkommt sondern vielmehr die Kunst zugunsten des LWL-Marketings verkauft. Der Künstler Otto Piene ist quasi an der Wand vor eine Entweder-Oder-Entscheidung gestellt. Vogel friss oder stirb!
26.1.2009 Mail von Dr. Erich Franz an Otto Piene
„Lieber Herr Piene,
wir freuen uns sehr, dass sie die Einbeziehung des LWL Logos und des Namenszuges Landesmuseum ernsthaft erwägen möchten. Inzwischen hat unsere Kulturdezernentin Frau Dr Rüschhoff-Thale, mit dem Landesdirektor (unserem obersten Präsidenten), Herrn Dr. Kirsch, über diesen Vorschlag gesprochen; er war davon geradezu begeistert.
Das heißt, dass bei dieser Einbeziehung von Logo und Name die „Silberne Sequenz“ nun doch an der alten und neuen Gebäudeecke realisiert werden kann! Ich habe Ihnen schon gesagt, wie froh wir darüber wären. Die entscheidende Voraussetzung ist tatsächlich diese Einbeziehung des Logos.
Zur Bedeutung des LWL möchte ich Ihnen noch einmal kurz erläutern, dass unser Landesmuseum weder ein Museum der Stadt Münster ist, im Unterschied zu den meisten deutschen Museen, die städtisch sind; noch ist es ein Museum des Landes Nordrhein-Westfalen, wie es der Name „Landesmuseum“ nahelegen könnte. Das wird getragen von den Kreisen und Städten in Westfalen Lippe, die jährlich mehrere Millionen dafür aufbringen müssen und für die von Siegen bis Minden und von Gelsenkirchen bis Paderborn das Landesmuseum in Münster ein Wort der Identifikation darstellt: Hier wird unsere Kunst und Kulturgeschichte bezahlt und präsentiert. Das ist auch der Fall: von den mittelalterlichen Tafeln bis in die Moderne stammen die meisten Werke Ostwestfalen. Zugleich ist es aber ein internationales Kunstmuseum für Westfalen.
Für diese Westfalen weite Bedeutung steht das Kürzel. Wir stellen uns vor, dass diese drei Buchstaben relativ auch tagsüber sichtbar in die skulpturale Struktur hineingestrickt werden, wie sie es ausdrücken, der Namenszug „LWL Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte“ in klein dazu gesetzt. Ich schicke Ihnen die genaue Form der Schriftzüge mit. Es wäre in dieser Planungsphase sehr willkommen, wenn sie ihre Ideen möglichst bald entwickeln könnten.
Die Einbeziehung der Schriftzüge war in unserem Vertrag mit ihnen nicht vorgesehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine zusätzliche Honorar Vorstellung hier nicht durchsetzbar wäre.
Außerdem möchte ich mit einer zweiten Frage und Bitte an Sie heran treten. Die „Silberne Sequenz“ soll nun nach unserer Argumentation und auch nach dem neugefassten Willen der politischen Entscheidungsträger als historisches Kunstwerk von 1970 präsentiert werden, das als frühe Außenskulptur der Lichtkunst von Ihnen im Kontext von ZERO geschaffen wurde und auf den jetzigen Neubau hin adaptiert wird – wie es auch mit den „Supraporten“ von Albers geschieht.
Das heißt, dass wir (Herr Dr. Arnold und ich, der Architekt, einige kunsthistorisch kompetente Gesprächspartner) es nun vorziehen würden, wenn auch die Farbe der Leuchtmittel weiterhin weiß bliebe. Wir fanden ihre Vorschläge zur farbigen Bewegung sehr überzeugend; sie ergäben aber eine formale Sprache, die weit über ZERO und die 60er/70er Jahre hinausginge. Die „Silberne Sequenz“ erfordert eigentlich weißes Licht, das sicherlich auf dem hellen, gelblichen Sandstein auch sehr gut werden würde. Es brächte das Thema Licht in einer umfassenden Allgemeinheit zum Ausdruck, anders als bei den farbigen Spezifizierungen. Gerade durch die ruhige Allgemeinheit würde sich das Licht diese Arbeit auch von den sonstigen abendlichen Beleuchtung abheben und sich durch die rhythmischen Variationen der Zeitschaltung steigern.
Was sagen Sie zu dieser Vorstellung? Ich bin sehr gespannt auf Ihre Antworten und verbleibe – mit ganz herzlichen Grüßen auch von Herrn Arnhold ihr
Dr Erich Franz“
27.1.2009 Mail von Otto Piene an Dr. Erich Franz
„Lieber Herr Dr. Franz,
sehr herzlichen Dank für Ihren ausführlichen Brief mit ihren Erläuterungen zum strukturellen Hintergrund der Komposition von „LWL“. Ich freue mich über diese neue Perspektive und Möglichkeiten der Interpretation. Danke Ihnen schon jetzt für ihr großes Verständnis und das gilt natürlich ebenso sehr für Herr Direktor Doktor Arnold. Ich kann Ihnen versichern, dass meine neuen Vorschläge Ihre Anregung aufnehmen werden. Ich weiß, dass ich in etwa vier Wochen wieder im Lande sein werde, so dass wir Einzelheiten der Termin und Methoden weiter besprechen können.
Mit sehr positiven Grüßen,
Ihr Otto Piene
PS: ich habe mich sehr gefreut, dass Sie und Herr Dr Arnhold zur „Proliferation of the sun“ nach Dortmund gekommen sind.“
12.2.2009 Mail Otto Piene an Dr. Franz
„Lieber Herr Dr. Franz,
ich hoffe, alles geht gut in Münster in Hinsicht auf die Silberne Frequenz. Ich mache mir Gedanken über „weiss“; allgemein gesagt schliesse ich mich Ihrem und Dr. Arnolds Vorschlag an, farblose Lichtwirkungen („weiss“) wie in der urspruenglichen Version bei zu behalten.
Ich werde ab 22. Februar fuer ein paar Tage in Duesseldorf sein, und mich telefonisch melden. Wir sollten dann einen Termin fuer meine Vorstellung der Endversion des Projekts (!) beschliessen. Diese Version wird den „Logo“ verwenden, wie von den Hausherren gewuenscht (wuenschen die Hausherren auch hier „farblos/weiss“? Bedeutet die Farbe Blau Logo genug, um sie zu verwenden? Wird hier irgend jemand drauf bestehen?
Ein möglicher Termin wäre in der letzten März Woche. Es wäre gut wenn wir uns dazu verständigen könnten.
Ihnen und Dr. Arnold für heute herzliche Grüße
Ihr Otto Piene“
Mail 6.4.2009 von Otto Piene an Dr. Franz
Betreff: Honorar, Silberne Frequenz (Version III)…
„Lieber Herr Dr. Franz,
ich freue mich, dass das neue Konzept der silbernen Frequenz akzeptiert ist, und ich danke Ihnen für Ihre Mühe, das mit Dr. Noll durchzusetzen. Ich selbst finde die neue Lösung gut weil sie deutlich die Themen der ursprünglichen Lichtwände weiterführt.
In Ihren Brief vom 26. Januar sagten sie spezifisch: „Die Einbeziehung der Schriftzüge war in unserem Vertrag mit Ihnen nicht vorgesehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine zusätzliche Honorarvorstellung hier nicht durchsetzbar wäre.“ Die neue Version der Silberne Frequenz ist eine zusätzliche Arbeit, mit gleicher Bemühung wie die ursprünglich vorgelegte.
Ich habe bisher für meine Reise nach Münster keine Unkosten, etc. berechnet, und will es auch dabei belassen. Ich finde es angemessen für die neuerliche Arbeit weitere XXX (Summe ist geschwärzt) zu berechnen. Bitte, teilen Sie mir mit, in welcher Form ich die Rechnung ausstellen soll.
Ich hoffe es geht Ihnen und Ihrem Team gut, wie immer auch viele Grüße an Herrn Dr. Arnold.
Für heute herzlich,
Ihr Otto Piene“
7.4.2011 Mail von: Otto Piene an: Dr. Arnold
„Lieber Herr Arnhold,
Danke für Ihre E-Mail vom 7. 4.11. Meine Reaktion auf Ihren Brief ist leider negativ. Ich kann mir nicht vorstellen, dass im Rahmen des ambitionierten Museumsneubaus kein Geld für eine würdige Lösung zu finden ist. Da die Teile der ursprünglichen „Frequenz“ vorhanden sind, sollte eine Lösung möglich sein. Es muss Ihnen auch klar sein, dass ich das Umdenken bisher „ohne Rechnung“ eingebracht habe. Das Ansinnen an mich, jetzt noch alles auf XXX (Summe geschwärzt) zu reduzieren, finde ich unrealistisch angesichts vieler Kommentare der jüngeren Vergangenheit zur „kunsthistorischen Bedeutung“ der „Frequenz“.
Ich wünsche mir dringend eine Sitzung mit der spezifischen Aufgabe, einen Vergleich zu finden. Das würde, glaube ich, dem bisher geübten Geist der „Kunsthistorischen Bedeutung“ gerecht werden.
Mit sehr freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Otto Piene“
Hier anhängend die vorausgegangene Mail von
Dr. Arnhold an Otto Piene vom 7.4.2011
„Lieber Herr Piene,
anbei schicke ich Ihnen meine Mail an sie vom 25.1.2011 die ich nochmals am 23. März geschickt hatte. Darin hatte ich Ihnen die Position und die Möglichkeiten von Seiten des Museums erläutert.
Wie bereits am 23. März mitteilte, drängt uns die Zeit, um das rechtzeitig an einbringen ihres Konzepts und der damit verbunden technischen Informationen in die Fassadenplanung noch gewährleisten zu können.
Mit den besten Grüßen
(Meine Mail an sie vom 25.1.2011:)
„Bei unserem letzten Treffen in Münster hatten sie uns verschiedene Optionen für die Sitzung ihrer Arbeit an der Neubaufassade des LWL Landesmuseum vorgestellt und diese auch mit geschätzten Kosten hinterlegt.
In der Frage, welche diese Optionen wir präferieren und auch hinsichtlich der von Ihnen gestellten Fragen nach der Erweiterung der Arbeit an der Rothenburgseite um zwei Reihen, hatte ich eine Antwort für diesen Januar zusagt.
1. Herr Staab es mit einer maximalen Ausdehnung um zwei Reihen“
(Ab hier ist die Mail unvollständig)
30. Juni 2014 Mail von Otto Piere an Dr. Arnhold
(…) feierliche Übergabe in Münster
„Lieber Herr Dr. Arnhold,
Sehr vielen Dank für Ihren Brief vom 30. Juni. Meine Terminlage ist wirklich kritisch. Ich werde versuchen, die Programm Diskussion mit Frau XXX (geschwärzt) und Lightlife am Telefon zu erledigen; die Hardware am Museum ist ja weitgehend dem ursprünglichen Programm ähnlich. Am 26/ 27. August August oder 1/2. September wird für mich sehr schwierig, weil ich schon am 14. August wieder in Groton/Boston sein muss. Ich werde alles tun, zur Eröffnung 18. /19. September dort zu sein. Ich werde sie auch in den nächsten zwei Tagen anrufen, Um die Situation mit mehr Details zu beschreiben.
Grundsätzlich möchte ich nachdrücklich versichern, dass das ganze Projekt LWL in Münster für mich außerordentlich wichtig ist und besonders die jüngere Entwicklung mit dem neuen Lichtwänden der „Silbernen Frequenz“ erfüllt mich mit Stolz. Angesichts der Ausstellungswelle in Berlin und New York ist meine Zeit begrenzt. Das tut mir sehr leid.
Ich Danke Ihnen für Ihre grosszügigen Vorschläge und hoffe, wir verstehen einander auch jetzt.
Mit meinen besten Wünschen und herzlichen Grüßen
Ihr Otto Piene“
2.7.2014 Mail von Dr. Arnhold an Otto Piene,
Betreff: Silberne Frequenz: Bitte um Ihre Unterstützung
„Lieber Herr Piene,
Vielen Dank für Ihre Mail von vorgestern. Ich bin zuversichtlich, dass wir einen Termin mit Ihnen für Münster finden werden.
Inzwischen strahlt die „Silberne Frequenz“ am neuen Museum und gibt einen ganz wunderbaren Akzent! Die Integration des LWL Logo am rechten unteren Rand ihrer Arbeit ist für Einige Anlass für eine kritische Auseinandersetzung in der Öffentlichkeit:
Es gibt folgende Stimmen:
Ist es legitim, das Logo des Trägers in das Kunstwerk einzusetzen? Wurde der Künstler etwa unter Druck gesetzt? Wie konnte sich Piene darauf einlassen? Das Logo beeinträchtigt die „Silberne Frequenz“. Das Logo „LWL“ ist in dieser Form zu massiv. Die Verbindung des Logos mit der „Silbernen Frequenz“ ist eine nicht zulässige Instrumentalisierung des Kunstwerks und mutiert es zu einem „Werbeträger“.
Wir bitten Sie, Ihre Position zur jetzigen Form der „Silbernen Frequenz“ nochmals zu bekräftigen, insbesondere zu der Frage der Integration des Logos in ihre Arbeit. Von ihrer Stellungnahme hängt ganz wesentlich der weitere Verlauf der öffentlichen Diskussion und der Berichterstattung in den Medien ab.
So hat mich das WDR Fernsehen für das kommenden Freitag um ein Interview in dieser Frage gebeten, es wäre sehr hilfreich, wenn ich mich dafür auf ihre Position stützen könnte.
Denn wir sind weiter von der gemeinsamen mit ihnen vor 2 Jahren getroffenen Entscheidung, das Logo in die „Silberne Frequenz“ einzuweben“ überzeugt.
Ich hatte Ihnen ja vor zwei Wochen zwei Aufnahmen gemailt. Auf einer der beiden ist das Logo zu sehen. Gerne kann ich Ihnen dazu auch noch weitere Bilder schicken.
Herzliche Grüße
Hermann Arnold“
Der letzte Mailkontakt zwischen Dr. Arnhold und Otto Piene – etwa zwei Wochen vor seinem Tod – macht deutlich, dass Otto Piene bis zum Ende loyal zu Auftraggeber und zum LWL-Logo, integriert als Teil seiner künstlerischen Arbeit steht. Auf Mail-Anfrage von Dr. Arnhold, ihn wegen der vielen öffentlichen kritischen Nachfragen und Kommentare bezüglich des LWL-Logos in der „Silbernen Frequenz“ nach der LWL-Museums-Eröffnung zu unterstützen antwortet Piene in seiner Mail vom 2.Juli 2014:
„Lieber Herr Arnhold,
ich finde die sehr „pure“ Position verständlich; aber ich bleibe bei meiner Zusage, die Integration des Logo, wie auf Ihrem Foto, zu unterstützen.
Weiterhin Dank und beste Wünsche. Ich melde mich wieder aus Berlin.
Herzlich Ihr
OP“
Otto Piene hätte sicherlich Möglichkeiten gehabt, einen unwürdigen Prozess zu beenden, wenn er es denn gewollt hätte, genauso wie die Kunst-Verantwortlichen auch. Das wäre zwar ein hoher Preis aber es wären notwendige Opfer zur Bewahrung der Kunst gewesen! Piene war geistig auf der Höhe und geschäftsfähig bis zuletzt. Er hat dieses Opfer für seine Kunst nicht gebracht! Er hat sozusagen als Auftragnehmer mit den LWL-Wölfen mitgeheult, so als wollte er um jeden Preis weiterhin an der Fassade mit leuchten, in welch schräger Weise auch immer. Oder wollte er es den LWL-Verantwortlichen insgeheim so richtig heimleuchten?
Ist Piene sich bewusst darüber gewesen, was eine solche Kunst-Werbe-Installation in der Kunstöffentlichkeit auslöst? Die Mails zeigen, er hat das mehr als nur einfach in Kauf genommen sondern aktiv mit gestaltet.
Alle Beteiligten, Künstler, Kuratoren, Beirat, sowie auch die Kulturdezernentin, sind für diesen entgleisten Kunst-Werbe-Prozess verantwortlich zu machen! Ein derart perfides kulturelles, museales und kuratorisches Selbstverständnis ist skandalös, hat sich pervertiert gegen die eigene Kultur und letztlich gegen den LWL selbst mit seinen musealen Werten. Es geht nicht mehr um ein Sammeln und Bewahren von Kunstwerken – für die Menschen sondern um einen Missbrauch an der Kunst zugunsten von vermeintlich positiven Außenwirkungen zugunsten eines marketinggeilen LWL, der zu dieser Zeit traumatisch unter drohenden Auflösungserscheinungen litt und nach plattester Hausherren-Art überall sein „LWL – Wir tun nur Gutes!“ vorknallte. Solch eklatante Fehler und ein Missbrauch an der ihm anvertrauten Kunst dürfen einem Museum nicht passieren.
Wen wundert es, dass der LWL selbst seiner Weltausstellung im Bereich Kunst im Öffentlichen Raum, den Skulptur Projekten, quasi an diesem brisanten Punkt den öffentlichen Untersuchungs-Auftrag zum Wandel von Kunst und Öffentlichkeit in Münster abgesprochen hat. Der »LOGO\PIENE«-Skandal hätte überhaupt, spätestens aber während der Skulptur Projekte 2017 z.B. im Symposium „Nothing permanent“ kunstfachlich behandelt werden müssen! Insbesondere dann, wenn dieses ungewollte skulpturale Amalgam, wie ein Mahnmal zugleich alle drei Themen der Skulptur Projekte auf den Punkt bringt: „Digitalisierung, Globalisierung und neue Ökonomien“.
„Ist das Kunst oder kann das weg? Wann ist es zu viel?“ Wer nun so zu einer fadenscheinigen – weil der Hauptprotagonist Dr. Franz und sämtliche Kritiker fehlen – provinziellen statt internationalen Podiumsdiskussion einlädt, nimmt Kunst von vornherein nicht ernst sondern banalisiert und trivialisiert weiter. Versucht sich um seine Verantwortung herumzudrücken, die hier im schlimmsten Fall nur dem verstorbenen Künstler Otto Piene selbst angelastet wird?
Piene hat dieses Kunst-Marketing-Monstrum »LOGO\PIENE« zusammen mit den LWL-Kuratoren, die sich offenbar nur mit seiner renommierten Kunst schmücken wollten, zu seinem Kunstwerk erklärt. Es ist Otto Pienes neue Informations-Kunst im Zeichen des LWL, nach gewünschter „LWL-Hausherren-Art“! Wer nun meint, das LWL-Logo einfach wieder entfernen zu können, um die Kunst zu befreien oder ihr gar die Würde zurückzugegeben, vergreift sich damit schon wieder an seiner Kunst. Ohne LWL-Logo ist die neue „Silberne Frequenz“ kein Kunstwerk mehr. Piene Kunst „pur“ gibt es nicht!
Überhaupt – welche „Kunst“ will man denn hier noch befreien Version I, II oder III? Denn Piene wollte sie doch in Farbe! Ohne LWL-Logo verkäme die “Silberne Frequenz”, scheinbar “rein“ und „befreit“, zu einer profanen kunstfreien Anlage als dann „nicht mehr Kunstwerk“ zu einem harmlosen wandschmückenden, schön glänzenden Allerwelts-Geleuchte, wie ihn viele Konzerne zur Imagepflege an der Fassade tragen.
Fazit: »LOGO\PIENE« steht für einen westfälisch schmerzhaft verblendeten provinziellen Verstrickungs-Prozess, für ein Mahnmal der Kunst, für eine Dauer-Baustelle im Öffentlichen und müsste daher im Sinne von Kunst und Öffentlichkeit zusammen mit der Wasserwaage „A Work in Situ“ von John Knight als eine ständige kritische Hinterfragung der globalen Logo-Unkultur von Institutionen am LWL-Museum erhalten werden! Das LWL-Kultur- und Kunstführungs-Personal sollte endlich Verantwortung für ihre skandalöse Kunstpolitik übernehmen und persönlich Konsequenzen ziehen! Ein ehrloser Kunsthistoriker, der sich nun schon wieder scheinheilig öffentlich hinstellt, weil er angeblich nur die Kunst retten wollte, die „Qualitäten eines Kunstwerks“ aber durch sein obrigkeitstreues Handeln verraten hat, sollte sich eher überlegen, ob er noch weiterhin als „Ehren-Professor h.c.“ an einer Kunstakademie Vorbild für Kunststudierende sein kann.